Nach der Ankunft im Hotel und dem Bezug der Zimmer folgt ein erster Streifzug durch die Stadt – und natürlich der Erwerb der obligatorischen Kirchentagschals. An diesem Tag ist es wirklich sommerlich warm, und mit fortschreitender Zeit nimmt die Dichte der Kirchentagschals auf den Straßen spürbar zu.
Zur Einstimmung findet ein Gottesdienst auf dem Opernplatz statt, danach beginnt die Suche nach einem geeigneten Restaurant für das Abendessen. Die Stadt ist brechend voll – nach dem Eröffnungsgottesdienst in der Hannoveraner Innenstadt ist das Straßenfest in vollem Gange, und entsprechend groß ist der Andrang.
An vielen Stellen der Stadt findet man unterschiedliche musikalische Darbietungen und man weiß eigentlich gar nicht, wo man als erstes verweilen soll.
Mein erster Versuch, etwas außerhalb ein ruhiges Plätzchen zum Essen zu finden, scheitert leider: Der gut bewertete Italiener hat an diesem Abend eine geschlossene Gesellschaft. Dafür komme ich in den Genuss eines phantastischen Blickes auf das neue Rathaus. Ich dachte immer Hannover wäre in dieser Beziehung eher langweilig - weit gefehlt.
Doch der zweite Anlauf gelingt – ein italienisches Restaurant hinter dem Bahnhof, in dem man in aller Ruhe italienische Spezialitäten genießen kann. Wunderbar.
Am ersten Tag wollte ich eigentlich eine Veranstaltung besuchen, in der es unter anderem um die Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz geht, unser Leben zu verlängern und in unser Dasein einzugreifen. Im Anschluss war geplant, eine Veranstaltung mit dem aktuellen Arbeitsminister Hubertus Heil zu besuchen, in der es um die Auswirkungen von KI und Automatisierung auf den Arbeitsprozess geht.
Da die erste Veranstaltung jedoch erst am Folgetag stattfand, habe ich den Vormittag genutzt, um über den „Markt der Möglichkeiten“ zu schlendern, der immer ein fester Bestandteil des Kirchentags ist. Auch wenn die meisten der hier angebotenen Themenstände nicht unbedingt meinen Interessen entsprechen, findet sich doch immer wieder etwas Interessantes. In diesem Fall entdeckte ich die Vertretung der protestantischen Kirchen in Italien. Dort konnte ich mich nett mit den beiden Damen am Stand unterhalten und erfuhr dabei, dass es in Florenz eine protestantische Kirche gibt – übrigens ganz in der Nähe der Ponte Vecchio.
Eine der beiden Damen der Stand Besatzung war übrigens eine deutsche, die nach Florenz ausgewandert ist. Auch sehr interessant.
Am Nachmittag, dann ging es zur Veranstaltung mit Hubertus Heil. Dieser bemerkte gleich zu Anfang, dass wahrscheinlich im Publikum mehr Experten für künstliche Intelligenz sitzen als auf dem Podium, damit hat er leider recht. Auf dem Podium war neben ihm noch ein Vertreter des DGB und ein Vertreter.
Mit dieser Besetzung suchte man KI-Kompetenz auf dem Podium leider vergeblich. Wie zu erwarten war, vertrat der Gewerkschaftsvertreter die Position, dass die Arbeitnehmer geschützt werden müssten und darauf zu achten sei, dass ihnen keine Nachteile entstehen. Der Theologe hob hervor, dass Automatisierung und der Einsatz künstlicher Intelligenz zur Reduzierung vor allem repetitiver Tätigkeiten führen – Aufgaben also, die ohnehin nicht besonders attraktiv seien. Es müsse deshalb dafür gesorgt werden, dass betroffene Menschen nicht in ein Loch fallen, sondern durch die Sozialsysteme aufgefangen werden.
Interessant war, dass sich hier beinahe zwangsläufig auch eine Diskussion über Regulierung von KI entwickelte. Überraschend nahm Hubertus Heil durchaus die Position ein, dass eine Überregulierung dieser Industrie auch hinderlich sein könne.
Die, meiner Ansicht nach reale Bedrohung, von Arbeitsplätzen insbesondere im intellektuellen und kreativen Bereich wurde allerdings bestenfalls in einem Nebensatz gestreift. Das zeigt, dass zumindest auf dem Podium der Ernst der Lage in diesem Feld der KI-Entwicklung kaum erkannt hat.
Nach meiner festen Überzeugung werden wir im Zuge der Entwicklung künstlicher Intelligenz sehr bald erleben, dass auch intellektuell deutlich anspruchsvollere Aufgaben – und eben nicht nur repetitive Tätigkeiten – von mehr oder weniger intelligenten Systemen übernommen werden.
Mein Versuch anschließend noch das Bläserkonzert mit Traugott Fünfgeld zu besuchen scheiterte allerdings an der sonst sehr gut funktionierenden U-Bahn. Leider gab es auf der Strecke einen Polizeieinsatz und ich hing fast eine halbe Stunde fest. Also nix mit Konzert.
Nach dem Frühstück wieder aufs Messegelände. Es steht eine Bibelarbeit mit Armin Laschet und Cristiane Titze an. Christiane kenne ich noch als Schülerin / Studentin. Sie war Klassenkameradin meiner Schwester und hat später Mathematik und Theologie für das Lehramt studiert. Danach war sie als Theologieprofessorin lange in Zürich und ist jetzt Kirchenpräsidentin der EKHN in Darmstadt.
Es sollte eine interessante Veranstaltung werden. Sehr erstaunt hat mich Armin Laschet - ein kluger Mensch, Christiane Tietz sowieso.